Aber alles kein Problem, auf dieser Seite der Grenze warten genügend Taxis, um uns zum Einkaufen zu bringen. Endlich wieder die gewohnte Auswahl, wir kaufen viel frisches Obst und Gemüse, auf die spanische Wurst lacht uns an. Dazu gibt’s noch die Grundausstattung wie Mehl (mittlerweile haben wir unsere Brotbackkünste perfektioniert), Reis, Nudeln, Kartoffeln und Getränke.
2 Einkaufswagen voll – das wird ja eine lustige Angelegenheit, wenn wir das alles wieder zu Fuß über die Grenze schleppen müssen, bevor uns ein Taxi in die Marina bringt. Mit einem Handwagen bringen wir unsere Einkäufe an Bord, holen noch die letzte gewaschene Wäsche aus dem Trockner der Marina und checken aus – wir wollen so schnell es geht, weiter. Die erste Nacht mit der neuen Crew steht bevor und hier im Mittelmeer ist eindeutig mehr los als auf dem Atlantik.
Die 3-stündigen Nachtwachen haben sich bewährt und wir behalten den Rhythmus bei. Wind und Wellen sind weiterhin kaum vorhanden und wir bekommen einen tollen Sonnenaufgang und immer wieder Delphine zu sehen. Am Vormittag bekommen wir über Funk mit, dass kurz hinter der 12-Meilen-Zone Algeriens, ca. 30 Personen und ein brennendes Boot im Wasser sind. Es handelt sich wohl um ein Flüchtlingsboot. Ein Frachtschiff ist bereits in der Nähe und wir hätten noch ca. 30 Meilen zu fahren, um zu helfen. Da wir aber mitbekommen, dass die Rettungsaktion schon koordiniert wird und im Gange ist, behalten wir unseren Kurs bei und hören weiterhin zu, quasi im Stand-by, was dort passiert.
Ein Helikopter ist gerade in Spanien gestartet um ein Rettungsfloß abzusetzen. Es dauert nicht lang und wir hören und sehen den Heli. Da wir nicht weiter helfen können, geht es für uns weiter auf der geplanten Route. Die Essensfrage für heute ist auch bereits geklärt, der große Topf mit dem Huhn für eine frische Hühnersuppe steht bereits auf dem Herd. Endlich erwischen wir ein bisschen Wind, 12 Knoten sollten zumindest reichen, um uns ein wenig anzuschieben.
Wir setzen die Segel und genießen die Ruhe. Absolut entspannt sitzen wir im Salon, einer rührt in der Suppe, einer trinkt Kaffee und einer wartet darauf, dass der Tee endlich durch zieht – absolut nichts los. Und dann ging es los! Etwas, womit man so gar nicht rechnet, was man in solch einer Situation auch gar nicht erwartet. Kaum Wind – wir hatten uns ja schon an einiges mehr an Windstärken gewöhnt – was kann da schon aufregenden passieren?????
„Plöpp“
Während wir im Salon sitzen und der Skipper beim Umrühren der Hühnersuppe seinen üblichen Rundumblick um das Schiff schweifen lässt, hören wir plötzlich ein leises „plöpp“. Wir können es nicht ganz zuordnen, aber es hört sich an, als würde eine der Rollen einmal kurz aufs Schiffsdach klopfen, wie es so oft passiert, wenn der Wind nicht ganz konstant bläst und sich die Tampen kurz entspannen. Wir schauen uns an, wundern uns und der Skipper steht schon mit einem Fuß in der Tür.
Plötzlich wird es am helllichten Tag dunkel im Schiff – als hätte sich eine dicke Wolke vor die Sonne geschoben. Wolken waren aber keine da und in dem Moment haben wir es realisiert: Die Segel hängen über das Schiff…. Natürlich ist der erste Gedanke: da ist etwas abgerissen, denn außer dem leisen „plöpp“ haben wir nichts anderes gehört. Aber dann klickt es im Kopf – die Segel können nicht einfach runter fallen, da muss der ganze Mast….
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…und genauso ist es, der Mast ist gebrochen, liegt wie nach hinten geklappt, leicht auf der Steuerbordseite, quer über das Dach der Tropicana.
Die Wanten sind noch fest, ebenso die meisten Tampen. Auf die Schnelle können wir nicht rekonstruieren, was passiert ist, aber da der Mast nach hinten gefallen ist, und das sehr langsam, denn es gab ja keine weiteren Geräusche oder eine Erschütterung im Schiff, muss sich irgendwie vermutlich die Vorstag verabschiedet haben. Nach der ersten Begutachtung müssen wir eine schnelle Entscheidung treffen, denn der Mast rutscht langsam weiter in Richtung Steuerbord weil das Großsegel im Wasser hängt und langsam unter die Oberfläche gedrückt wird. Die Gefahr, dass uns die Saling bei der Welle von ca. 1,50 Meter ein Loch in den Rumpf schlägt ist groß und nach einem kurzen Ausloten der Möglichkeiten treffen wir eine Entscheidung: wir müssen das Ding loswerden, und zwar —-
SCHNELL!
Mastbruch bei 13 Knoten Wind?
Ich schnappe mir in der Küche das größte und schärfste Messer um die Tampen zu zerschneiden, die Männer holen sich Wanten-Schneider und Werkzeug. Allerdings lassen sich die Wanten so nicht durchtrennen, es ist ja keine Spannung mehr darauf. Also schnell schauen, was der Werkzeugkasten zu bieten hat und los geht’s. Ich schneide erstmal die Tampen durch, die lose am Mast hängen.
In wenigen Minuten sind die Bolzen der Wanten entfernt, die letzten Tampen, die den Mast noch auf dem Schiff halten schneide ich jetzt auch durch und wir versuchen, den Mast über die Steuerbordseite los zu werden. Klappt nicht, der Lazy-Bag hat sich an den Winschen festgehangen! Die haben beim Fallen des Mastes ein Loch in den Lazy gerissen, der jetzt wie an einer Schlaufe an der Winsch hängt.
Auch mit gemeinsamen Kräften können wir den Mast nicht soweit anheben, dass wir den Stoff über die Winsch ziehen können. Ich habe das Messer noch griffbereit und so schneiden wir den Stoff soweit auf, dass wir ihn über die Winsch stülpen können. Aber irgendwas hängt noch immer… Ruhig bleiben, Nerven behalten, schauen – was los ist. Die Genua hat sich im Wasser hängend um die Reste von Mast und Wanten gewickelt und zerrt an der Rollanlage. Um uns nicht weiterer Gefahr auszusetzen lösen wir die Rollanlage und endlich rutscht der Mast vom Schiff. Aufgrund des oben beschriebenen Risikos haben wir auch die Rollanlage aufgegeben.
Wir atmen durch und stehen einen kurzen Moment fassungs- und sprachlos an Deck. Doch dann geht alles zum normalen Programm über, Motoren an, Kurs Richtung spanischem Festland setzen, Autopilot an. Das kann doch alles nicht wahr sein – das ist einfach unwirklich. Ziemlich irritiert fallen wir in die Sitzpolster im Salon, immer mit einem Auge auf dem Wasser. Die Suppe blubbert immer noch auf dem Herd und keiner sagt etwas. Der Skipper greift noch zum Handy um den Eigner zu informieren und die nächsten Schritte abzusprechen, wir beschließen, dass Almerimar unser Ziel sein wird, die näher liegende algerische Küste ist keine Option für uns.
Und dann sitzen wir wieder sprachlos im Salon. Angefühlt hat es sich wie Stunden, jetzt stellen wir fest, dass es gerade einmal 20 Minuten gedauert hat, den Mast vom Schiff zu trennen.
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